Bukit Lawang

Technisches über Park und Ort

Der Gunung Leuser Nationalpark liegt im Norden Sumatras. Auf etwa 800.000 Hektar erstreckt sich eines der letzten Paradiese der Erde, das Tigern, Nashörnern und Elefanten als Zufluchtsort dient. Auch die meisten der letzten 9.000 Sumatra Orang-Utans suchen hier Schutz. Die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten ist einzigartig: Etwa 700 verschiedene Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien sind im Nationalpark heimisch. Von den 10.000 Pflanzenarten der gesamten westlichen Indo-Malayischen Region wachsen 45 Prozent in Gunung Leuser. Darunter die Rafflesia, die größte Blütenpflanze der Erde, und Amorphophallus, die Pflanze mit der welthöchsten Blüte.

Leuser National Park

Geschichte über Massage, Leute die jeden Tag aufs Neue von der Hand in den Mund leben.

emerald Princess

Der Regen prasselt auf die schwarze Plastikplane über mir. Donner grollt in der Ferne. Ein Bach rauscht nur wenige Meter entfernt vorbei. Die schwülwarme Dunkelheit breitet sich über der “Smaragdgrünen Prinzessin” aus. Die Zikaden zirpen und zusammen mit den Fröschen und tausender anderer Kreaturen bringen das Nachtkonzert in Gang, während die Feuerfliegen für die passende Lightshow sorgen. Udin, unserer Träger und Koch bringt das Abendessen aus der "Küche", die aus einer Kochstelle mit Steinen und einer Plane über einem Bambusgestell besteht. Reis, Tofu, Gemüse und kleine Teilchen eines Hühnchens werden auf Bananenblätter am Boden serviert. Es schmeckt allen vorzüglich, was wohl auch daran liegen mag, dass wir sieben Stunden lang auf schwierigem Trail durch die atemraubende  Schwüle des Regenwaldes, Bergauf – Bergab, durch den dichten Dschungel marschiert sind.

Vor zwei Tagen bin ich in Bukit Lawang angekommen, das etwa 80 Kilometer westlich von Medan liegt, und habe nicht zuletzt deswegen noch am selben Abend eine dreitägige Tour durch den Dschungel arrangiert, weil ich befürchtete, dass am Wochenende jede Menge Einheimische hier aufkreuzen und eine gewisse Jahrmarkt- Stimmung aufkommen lassen. Die letzten paar Tage meines Urlaubs will ich aber noch etwas "Ruhe" genießen, auch wenn es hier im Urwald alles andere als leise ist. Das Zirpen und Kreischen der Zikaden erreicht schon fast eine ohrenbetäubende Lautstärke. Frösche schicken, auf Weibchen wartend, ein metallenes Klingen in die Finsternis. Fledermäuse flattern dicht an meinen Ohren vorbei, dass ich jedes Mal aufs Neue fast zu Tode erschrocken werde.

Heute Morgen habe ich mir noch im Restaurant neben dem Fluss ein Frühstück mit Früchten, Banana- Pancake, und einem Fruitjuice gegönnt. Um Zehn sind wir vom Losmen aufgebrochen, und bereits nach zwei Kilometern waren wir eingeschlossen in einen dichten Dschungel. Der Pfad war an vielen Stellen sehr schmierig und teilweise auch sumpfig, was unser Vorankommen, vor allem an den steilen Passagen, nicht gerade erleichterte. Die dichte Bodenvegetation ist ein Zeichen dafür, dass wir uns hier nicht in einem Primär- Regenwald bewegen, was mir Acung, unserer Ranger und Guide, auch bestätigt. Nach seiner Auskunft erreicht man wirklichen Primär- Regenwald erst nach einem etwa vierstündigen Fußmarsch ins Innere des Parks. Der Baumbestand, durch den wir uns im Augenblick bewegen ist etwa 35 Jahre alt. Nachdem wir etwa eine Stunde in den Wald eingedrungen sind, begegnen wir an einem von diesen gigantischen Bäumen, die umschlungen sind von Würgefeigen und behangen mit Lianen, einer Orang-Utan Mutter mit ihrem Baby. Es ist ein, nennen wir es semi- wilder Orang-Utan. Das heißt, dass sie aus der Auswilderungsstation kommt, nun in Freiheit lebt, und ihr Kind bereits in der Wildnis geboren wurde. Sie zeigt im Gegensatz zu ihren "wild" aufgewachsenen Artgenossen absolut keine Scheu uns gegenüber, und für eine Banane lässt sie sich auch bereitwillig von jedem fotografieren. Im Vergleich zu den Giganten des Dschungels ist der Baum, in dem eine giftgrüne (sie ist auch giftig) Ular Bulan Schlange auf einem Ast liegt, geradezu winzig. Den Namen hat die Schlange von den Einheimischen bekommen, weil sie sich angeblich einen Monat (bulan) lang an demselben Ort aufhält, und danach ihr Jagdrevier verlegt. Nur ein paar Baumriesen weiter, einen steilen Hang hinauf, an der nächsten "Straßenkreuzung", hängt eine Agame kopfüber an einem Stamm. Es gibt hier wirklich jede Menge von diesen Trampelpfaden, und wahrscheinlich würde man sich selbst mit Karte und Kompass noch verirren, zumal die Orientierung durch das Dickicht erheblich erschwert wird. Nicht nur einmal hatte ich den Eindruck schon mal an jenem Ort gewesen zu sein, und ich denke, mir würde es nicht auffallen, wenn ich mich im Kreis bewegte. Ständig geht es steil bergauf - bergab, Bäche und kleine Flüsse werden durchquert, und auf den Wurzeln muss ich höllisch acht geben, dass ich nicht ausrutscht und wie eine Schildkröte auf dem Rücken den Hang hinunterrutsche. Die Frau, die in unserer vierköpfigen Gruppe mit dabei ist, bewegt sich wohl an der Grenze ihrer Belastbarkeit, und wir machen immer öfter kleine Pausen. Gegen zwei Uhr setzt aus heiterem Himmel sintflutartiger Regen ein. Ungeachtet der Tatsache, dass das Blätterdach über uns nur einen Teil des niederprasselnden Regens auf den Boden lässt und letztendlich nur etwa ein Viertel davon im Boden versickert, bin ich innerhalb weniger Minuten bis auf die Knochen durchnässt. Als wir gegen Vier einen Fluss erreichen, an dem wir unser Nachtlager aufschlagen werden, hat der strömende Regen bereits von seiner Heftigkeit verloren, und eine halbe Stunde kann man die Sonne hinter den grünen Riesen erahnen. Im Dämmerlicht der schnell hereinbrechenden Dunkelheit kann ich am steinigen Ufer noch einige Bilder von farbenprächtigen Schmetterlingen einfangen, bis sich zusammen mit der Finsternis der nächste Regenschauer über uns ausbreitet.

Während des Abendessens rede ich mir Acung über den schwindenden Wald, über die dafür verantwortlichen Plantagen, und die sozialen Verhältnisse der Arbeiter. Er erzählt mir daraufhin eine Geschichte seines Vaters, der bis vor zwei Jahren noch als Lehrer in Medan arbeitete, bis er im Alter von 55 Jahren erkrankte, und ins Hospital eingeliefert wurde. Generell müssen die Leute hier in Indonesien für Krankenhaus- Aufenthalt und Arzt- Kosten selbst aufkommen, wovon jedoch Staatsbedienstete ausgeschlossen sind, zu denen auch Lehrer gehören. Jedoch werden gut zahlende Patienten denen, die eine Freikarte haben, immer vorangestellt. Außer es handelt sich dabei um eine wirklich wichtige Persönlichkeit, die nur schwer zu ersetzen ist. Als Lehrer ist man anscheinend nicht so wichtig, und schon gar nicht, wenn es absehbar ist, dass dieser für längere Zeit oder vielleicht aufgrund des hohen Alters gar nicht mehr arbeiten kann. Das war auch der Fall beim Vater von Acung. Solche Patienten werden zuerst einmal hinten angestellt, und man verschwendet an ihnen keine teure Medizin, und der Arzt untersucht auch nur oberflächlich. Hier bekomme ich ein weitere Mal zu hören, dass unter anderem auch eine Art "Sterbehilfe" geleistet wird. Acung hat es jedenfalls etwas nachdenklich gestimmt, als sein Vater relativ unverhofft starb, nachdem er ihn zwei Tage zuvor besucht hatte, und sein Vater zu diesem Zeitpunkt noch lachen, und man sich mit ihm unterhalten konnte. Deshalb hat er einen bekannten Arzt gebeten, seine Vater nochmals zu untersuchen, worauf dieser feststellte, dass dem Leichnam eine falsche Medizin injiziert wurde. Ähnlich verhält es sich auch auf den riesigen Plantagen, sei es nun Palmöl oder Kautschuk. Auf den Plantagen befindet sich ein eigenes Krankenhaus mit Ärzten, welche die Arbeiter unentgeltlich behandeln. Es würde einem normalen Arbeiter auch schwer fallen, mit dem Hungerlohn den er bekommt, einen Arzt zu bezahlen.

Zikaden und Frösche weben ihren dichten Klangteppich in die warme Tropennacht. Die Anderen schlafen bereits, während ich im flackernden Schein einer Kerze noch einige Zeilen auf das feuchte Papier kritzle. Moskitos gibt es hier erstaunlich wenig, aber laufend schwirren irgendwelche Falter um mich herum, oder Spinnen krabbeln über meinen Schlafsack. Jetzt hüpft auch noch eine Gottesanbeterin herein und wuselt um die Kerze. Als ich sie mit meiner Taschenlampe anleuchte erstarrt sie und blickt mich mit ihren strahlend grünen Augen an. Irgendwie erinnert mich dieser ästhetische Anblick an eine würdevolle Königin, die einen langen Schleier trägt. Wie sie ihren Kopf bewegt, wie sie ihre Fangarme ausstreckt, die schmale Taille, ihr gesamter Körperbau lässt sich mit dem einer hübschen Frau vergleichen.

Jetzt ist die Zeit doch erheblich schneller vergangen als ich zu Anfang angenommen hatte. Edi, der Guide- Assistent hat mir geholfen von der Schönheit einige Bilder einzufangen, und als ich wieder auf die Uhr blicke ist es bereits Zehn. Es ist immer noch warm und schwül, doch auch ich werde mich langsam in meinem Schlafsack verkriechen. Es ist vollkommen finster, und nur die Feuerfliegen senden ihre Blinksignale in die mit Tausenden von Klängen und Geräuschen erfüllte Nacht hinaus. Ich liege noch lange wach, höre immer neue unbekannte Geräusche, und ständig rinnt mir der Schweiß von der Stirn. Alles ist feucht und klamm. Plötzlich höre ich ein Rascheln vor dem Zelt - direkt neben mir. Ich taste nach der Taschenlampe und lasse den Lichtkegel in die Richtung des Geräusches fallen. Ich bin erleichtert, als ich feststelle, dass es wieder die Gottesanbeterin ist, die wir vor kurzer Zeit nach draußen befördert hatten. Sie scheint Gefallen an mir gefunden zu haben. Doch so schön sie auch sein mag, habe ich dennoch nicht das Verlangen zusammen mit ihr zu  schlafen, zumal ich sie im Schlaf ungewollt erdrücken könnte. Deshalb fange ich sie in einem großen Trinkbecher ein. Ich brauche die Taschenlampe noch einige Male, um nachzusehen was vor und im Zelt alles herumkriecht, und entdecke dabei immer neue Kreaturen der Nacht.

Es ist bestimmt nicht jedermanns Sache, zusammen mit so “niedlichen” Geschöpfen zusammen in einem Zelt zu schlafen. Bei jedem Geräusch wird man hellhörig (und es sind Millionen von verschiedenen Geräuschen) und versucht sich vorzustellen, um was für ein Tier es sich handeln könnte. Handelt es sich dabei etwa um eine gefährliche oder giftige Spezies?

Mit dem ersten fahlen Morgenschimmer wache ich auf. Die Temperatur ist im Laufe der Nacht merklich gesunken, und es ist jetzt angenehm kühl. Jedoch ist die Luftfeuchtigkeit immer noch extrem hoch, und mein Schlafsack fühlt sich an wie ein nasser Putzlappen. Ich ziehe mich an, schnappe mir die Taschenlampe und gehe zum Bach. Durch das Kronendach der Bäume scheint hell die Sichel des Mondes, und die ersten Vögel erwachen aus ihrem Schlaf. Ich sehe nach den Tieren, die ich gestern eingefangen habe. Die Gottesanbeterin ist noch an ihrem Platz, und erscheint im Licht des heranbrechenden Tages völlig anders, als wie ich sie in der Nacht gesehen habe. Das Grün ist nicht mehr so kräftig, dafür erkenn ich am äußeren Rand des Oberkörper weitere Farbschattierungen, die von einem zarten blau in ein dunkles Rot übergehen. Ich nehme sie vorsichtig zwischen zwei Finger und setze sie auf einen Stein am Ufer des Flusses, wobei mich neben dem Körperbau auch ihre Augen in den Bann ziehen. Grün, glasklar, tief und geheimnisvoll blicken sie mich mit zwei kleinen schwarzen Punkten an. Wie zwei große kostbare Smaragde sitzen sie an den Seiten des trapezförmigen Kopfes, der langsam den Bewegungen meines Fingers folgt. Ich werde den Blick dieser Augen nie vergessen, genauso wenig wie ich jene Person vergessen werde, die ebenso schöne, nur etwas dunklere, grüne Augen hat, und den Körper einer Prinzessin.

Bevor die Anderen aufstehen möchte ich auch noch die beiden Insekten in den Tassen genauer unter die Lupe nehmen. Es kommen die ersten Geräusche aus dem Zelt, während die Sonne bereits die Baumkronen der Urwaldriesen bescheint. Ich zeige allen die Prinzessin der Nacht mit den zwei Smaragden, doch so sehr ich auch von ihrer Schönheit schwärme, so kann ich jedoch, bis auf Edi, bei keinem irgendeine Art von Interesse entdecken.

Der heutige Tag wird anstrengender und der Trail anspruchsvoller werden als gestern, das hat mir Edi heute Morgen beim Frühstück bereits prophezeit. Kurz vor Zehn hatten wir alles wieder zusammengepackt und diesen idyllischen Ort verlassen. Die erste Stunde hat uns der Weg über Wurzeln ausschließlich steil hinauf geführt. In immer kürzeren Abständen mussten wir Pausen einlegen, denn der Frau war das anscheinend doch etwas zuviel. Meine Schwierigkeiten sind ganz anderen Ursprungs. Die gewaltigen Bäume mit teilweise mehr als zwei Metern Durchmesser, Höhen von bis zu 50 Metern, und weit ausladenden Brettwurzeln, das Gewirr aus Lianen und Tausenden von verschiedenen Farnen, die Blüten und farbigen Früchte rauben mir den Atem, und meine Blicke entdecken jede Sekunde etwas neues.

Endlich geht es wenigstens für einige Minuten eben einen Grat entlang, von wo sich an einer Stelle ein toller Ausblick auf den Gunung Sinabung (2.451m) bei Brastagi bietet. Auf schmierigen Wurzeln und rutschigen Felsen geht es wieder hinunter zu einem Bach, nach dessen Durchquerung es wieder genauso hoch hinauf geht, zu einem weiteren Bergrücken, von dem sich aber die Sicht durch dichten Wald versperrt bleibt, und ich habe wirklich keinen Schimmer von unsrem derzeitigen Standort. Dafür zeigt mir unser Träger Udin einen Pasak Bumi Baum, dessen Rinde gegen Malaria hilft. Acung erzählt mir, dass er vor zwei Jahren Malaria hatte und deswegen zum Arzt ging, welcher ihm auch eine Medizin verabreichte. Jedoch bekam er trotz der Medikamente einen Monat später einen erneuten Anfall, woraufhin er die Rinde des Pasak Bumi in einem kleinen Glas mit heißem Wasser gab, und diesen Sud dreimal wöchentlich, über zwei Monate hinweg einnahm. Seit dieser Kur hatte er keinen Rückfall mehr, und es scheint als würde es entgegen meinen bisherigen Kenntnissen doch ein Mittel gegen eine Art der Malaria geben. Allerdings frage ich mich schon, warum man es nicht offiziell anwendet. Ist die Chemie- Industrie so mächtig, dass ihr Gewinn und Profit wichtiger ist als das Leben von Menschen? Die Rinde dieses Baumes soll des Weiteren gegen Magenschmerzen helfen, und selbst Orang-Utan kauen auf ihr herum, und verwenden es als Medizin. Ich versuche auch von der Rinde, und sauge etwas von dem bitteren Saft aus ihr, denn es soll auch bei Erschöpfung sehr positive Eigenschaften aufweisen, und am folgenden Tag zu neuen Kräften verhelfen. Erschöpft fühle ich mich nicht, aber vielleicht kann ich dadurch morgen die Berge hinauf fliegen. Angeblich kann man aus ein und demselben Stück Rinde ruhigen Gewissens mehrere Male einen Sud zubereiten. Mit dieser kleinen Einführung in die hohe Kunst der Dschungel- Medizin trennen sich unsere Wege. Edi geht mit der Frau, die eigentlich drei Tage Trekking machen wollte, sich aber angesichts der Strapazen dazu entschlossen hat, zusammen mit ihrem Freund zurück nach Bukit Lawang zu gehen. Acung, Udin, Christian und ich dürfen noch einen weiteren Tag durch Flüsse waten, über zahllose Wurzeln klettern, sich von den Widerhaken des Rattan fesseln lassen, und eine Nacht zusammen mit Tausenden von Insekten, Tieren und Geräuschen im Dschungel verbringen. Es gab noch viel zu sehen, aber es würde wohl den Rahmen dieses Berichts sprengen, und den Einen oder anderen langweilen, wenn ich alles ausführlich beschreiben würde. Nur eines möchte ich noch erwähnen, dass wir bisher noch keinen Elefanten, Nashorn oder Tiger gesehen haben, und dies in diesem Areal auch eher unwahrscheinlich ist. Dazu muss man schon weiter ins Innere des Parks, wozu sich als Ausgangspunkt Ketambe sehr gut eignet, zu dem man auch von hier aus in sieben Tagen durch den Urwald und über hohe Berge gelangen kann.

Um Zwei macht der Regenwald seinem Namen alle Ehre, und es beginnt von einer Sekunde zur anderen heftig zu regnen. Es wird merklich kühler, die Luft riecht so rein und frisch - ein süßer Zitronenduft vielleicht mit einem Hauch Papaya verfeinert. Der Lärm der Zikaden verklingt. Es ist nur noch das Hämmern des Regens auf die Pizzateller großen Blätter des Kronendachs zu vernehmen.

So erfrischend der Regen auch sein mag, er erschwert uns den bevorstehenden Abstieg doch sehr. Die Steine werden noch rutschiger, und bieten so gut wie keinen Halt mehr, und auf den Wurzeln bildet sich ein Film der ähnliche Eigenschaften wie Schmierseife aufweist. Zum Glück hängen überall Lianen von den Bäumen, an denen man sich absichern kann und abseilen. Dennoch lässt sich der eine oder andere Ausrutscher nicht vermeiden, die aber alle ohne weitere Folgen bleiben. Obwohl ich mir schon vorstellen kann, dass ein falscher Tritt auf dem an einigen Stellen nur Fuß breiten Trail fatale Folgen haben kann, denn an den sehr steil abfallenden Hängen, die mit rutschigen Laub bedeckt sind, bietet erst der nächste Urwaldriese ausreichend Halt.

Trotz allem erreichen wir um halb Vier ohne größere Blessuren den Bohorok River, und während unser Träger ein Gestell aus dünnem Bambus zusammen bindet und darüber eine Plane spannt, kommt auch die Sonne wieder zum Vorschein und der Regen verzieht sich. Für eine kurze Zeit funkeln und glitzern alle Pflanzen im Urwald, und das Grün der Blätter ist leuchtender und kräftiger denn je, und die herabhängenden Wassertropfen wirken wie kleine Diamanten. 

Eine weitere Nacht in der Wildnis ist vorbei, in der ich bedeutend besser geschlafen habe als in der vorherigen was wohl auch daran liegen mag, dass der Tag anstrengend und lang war. Ich frage mich was wäre wenn es den ganzen Tag hindurch regnen würde, und die ohnehin schon feuchten Klamotten und Schuhe nur noch nass wären, die ganze Zeit im Zelt verbringen müssten, und ich nicht wie jetzt am Ufer des tosenden Flusses sitzen könnte, um die frischen Farben des Urwaldes zu genießen, dessen Baumkronen in einen Dunstschleier gehüllt sind.

Hörnchen (Squirrels) hüpfen vergnügt in den kleinen Bäumen neben mir herum, während Udin und Acung noch schlafen. Acung hat mir gestern Nacht ein Furunkel an seinem Hintern gezeigt, das bereits offen ist und ihm einige Schmerzen bereitet. Vielleicht hilft ihm die Salbe etwas, die ich ihm gab, und er ist schneller wieder fit. Denn wenn er keine Tour machen kann, gibt es auch kein Geld.

Über den Ablauf des heutigen Tages hat es gestern Abend noch einige Unstimmigkeiten und Diskussionen gegeben. Edi, bei dem ich die Tour arrangierte, der aber aus familiären Gründen keine Zeit hatte, sagte mir, dass wir am dritten Tag mittels Tube rafting auf dem Bohorok River zurück nach Bukit Lawang kommen. Acung wusste von dem aber nichts, und ist davon ausgegangen, dass wir zu Fuß zurück gehen, was aber infolge des derzeitigen Wasserstandes auch einige Probleme mit sich bringt, da wir auf dem Weg sieben mal den Fluss überqueren müssen. Udin könnte in der Nacht nach Bukit Lawang laufen und Tubes holen, aber in Anbetracht der starken Strömung und in Sorge um die Fotoausrüstung, würde ich einen Fußmarsch vorziehen. Für den Hintern von Acung wäre ein Ritt mit dem Schlauchboot sicherlich angenehmer, aber ich habe auch etwas Mitleid Udin gegenüber, und Christian würde ebenfalls lieber per Pedes zurück. Also durfte Udin, nachdem er wieder einmal ein köstliches Abendmahl zubereitete, ruhigen Gewissens ins Zelt liegen.

Mein T-Shirt ist bereits nach wenigen hundert Meter so nass geschwitzt, als würde es frisch aus der Waschmaschine kommen. Anscheinend ist Acung oder auch Udin über Nacht noch ein anderer Weg eingefallen, denn nachdem wir zwei Stunden Berge rauf und runter geklettert sind, kommen wir zu einem Wasserfall der in den Bohorok mündet. Am liebsten würde ich hier einige Stunden verbringen, den die Luft ist hier so angenehm frisch, und es tummeln sich hier jede Menge Schmetterlinge, Libellen und Frösche, doch Acung meint, dass wir hier durch den Fluss müssen. Zuerst dachte ich er Scherzt, und habe erst mal meine Kamera ausgepackt und von den im Sonnenlicht bunt schillernden Libellen Fotos geschossen. Während meiner Reise habe ich bestimmt schon 30 verschiedene Libellen gesehen, deren Farbspektrum von völlig Schwarz, das im Sonnenlicht den Eindruck von einem edlen Metall suggeriert, über Rot, Blau, Gelb, bis hin zu einer glasklaren Art, bei der die beiden Flügel- Paare und der schlanke Rumpf mit den beiden ?? Augen wie viele kleine Diamanten funkeln.

Erst als Acung Christian auffordert seine Kleidung auszuziehen, und alles in den Rucksack zu packen, vermute ich, dass es doch ernst gemeint war, und wir hier durch den breiten reißenden Strom gehen oder schwimmen oder was weiß ich. Ich suche nach einer seichten Stelle, wo man vielleicht zu Fuß gehen kann, aber alles was ich erkennen kann ist eine tosende weiße Gischt in der Mitte des Flusses. Es würde mir schwer fallen zu entscheiden, an welcher Stelle ich es wagen soll. Wenn das Wasser nicht tief genug ist, besteht die Gefahr gegen einen Felsen gedrückt zu werden, und so stark wie die Strömung in der Mitte ist kann man wohl auch kaum zu Fuß hindurch, ohne mitgerissen zu werden. Ich frage mich nur wie wir das Gepäck und meine Fotoausrüstung ans andere Ufer bringen sollen.

Zuerst schwimmt Acung hinüber und erreicht etwa hundert Meter weiter Flussabwärts die gegenüberliegende Seite. Währen Udin den Rucksack von Christin in seinen Korb packt, diesen auf seine Schulter stemmt und etwa 50 Meter am Ufer Flussabwärts watet, nutze ich die Zeit um die Fototasche in zwei Plastiktüten und dem Rucksack wenigsten einigermaßen vor dem Wasser zu schützen. Als ich nur noch Badehose und Schuhe am Leibtrage, und alles andere in den Rucksack gestopft hatte, steht Udin auch schon wieder neben mir und schnappt sich den Rucksack. Ich will ihm folgen, doch Acung ruft mir vom andren Ufer aus zu, dass ich warten soll bis Udin das Ufer erreicht hat. Mir wird angst und bange als ich Udin bis zur Brust in dem schäumenden Wasser sehe, und bei jedem Taumel von ihm sehe ich alles den Fluss hinunter treiben. Gedanken schwirren mir im Kopf herum, was wohl am besten zu tun wäre wenn... Soll ich mein Leben riskieren für eine Fotoausrüstung und einige tolle Bilde, oder hoffen, dass die Kamera einige Zeit dem Wasser stand hält und nicht gegen einen Felsen geschmettert wird. Zehn oder ich weiß nicht wie viel Minuten beobachte ich gespannt Udin, wie er mit seinem Stock den Grund vor ihm abtastet, und sich damit abstützt, wie er einige Meter Flussabwärts läuft, was aussieht als habe er die Kontrolle verloren. Dann folgen wieder einige Schritte in Richtung Ufer, wobei ihm das Wasser immer noch fast bis zum Hals steht. Es ist eine Spannung in mir, die ich vielleicht mit einem Glücksspiel vergleichen kann, und das viele kennen wenn zum Beispiel am Samstag die Lottozahlen gezogen werden, und mit jeder richtigen Zahl die Anspannung steigt, bis die Letzte Kugel gefallen ist, und ein Sturm von Glück aus einem entströmt. So auch bei mir, als Udin das rettende Ufer erreicht, und ich ihm zu juble, und schreie vor Freud. Das wäre also schon mal gut abgegangen. Jetzt muss nur noch ich heil zur anderen Seite kommen. Ich gehe so weit wie möglich den Fluss im seichten Wasser des Ufers hinauf und dann zur Mitte, bis ich mich wegen der Strömung kaum noch auf den Beinen halten kann und mir das Wasser bereits bis zur Brust reicht. Obwohl mir klar war, dass die Strömung hier stark ist, habe ich sie dennoch unterschätzt, und ich habe mühe meinen Kopf über Wasser zu halten. Als ich mit den Füßen endlich Boden unter mir fühlen kann, und versuche dort Stand zu finden, gleiten meine Schuhe einfach über die Steine hinweg. Ich will mich dagegen stemmen - jedoch ohne Erfolg. Erst als Udin, der sich am Ufer postiert hat, meine Hand ergreifen kann, schaffe ich es auch stehen zu bleiben, und die letzten Meter bis zum Ufer zu gelangen. Ich habe keine Ahnung wie die Jungs für den Fall eines Unglücks abgesichert sind, aber ich habe den Eindruck, dass wir uns hier schon sehr oft auf sehr gefährlichen Wegen bewegt haben, und für unsichere Personen könnte so was sehr schnell schlimme Folgen haben. Ich habe jedenfalls wieder einmal in diesem "Urlaub" einen Gedanken an Gott gewendet, und mich bei ihm für die Schutzengel bedankt.

Eigentlich sind wir viel zu früh zurück im Losmen, und ich hätte die Zeit lieber im Dschungel verbracht, auch wenn mir so noch Gelegenheit bleibt, einige Dinge zu erledigen, damit ich morgen meinen letzten Tag am Bohorok unbeschwert genießen kann. Ich schreibe meine letzte Karte, lasse meinen Flug bestätigen, und kaufe noch Bücher von der Fauna in Indonesien und eine Landkarte von Sumatra. Zuvor sind wir noch im Restaurant des Losmens zusammen gesessen, wo ich Udin unauffällig (so dass es Acung nicht bemerkt) 20000 RP zugesteckt, mit dem ich mich nicht nur dafür bedanken will, dass er die Kamera heil und trocken über den Fluss gebracht hat, sondern auch für seine Kochkünste, die Informationen über Pflanzen, und seine Eigenschaft als Träger. Außerdem finde ich die Entlohnung seiner Leistungen im Vergleich zu denen der Guides auch nicht angemessen. weil sie sich ähnlich wie die Arbeiter auf den Feldern und in den Fabriken für einen Hungerlohn abschuften. Christian hält es nicht für nötig, die Leistungen von Udin zu würdigen. Vielmehr beklagt es sich darüber, dass wir fast keine Tiere zu Gesicht bekommen haben. Ich habe wirklich Hunderte von Tieren gesehen, oder zumindest ihre Stimmen vernommen, und ich denke Christian gehört zu dem Typ Mensch, der von Anfang an mit der Erwartung an so einer Tour teilnimmt, dass ihm jeden Tag ein Tiger über den Weg läuft und eine Horde Elefanten. Solche Leute sollten meiner Meinung nach lieber in den Zoo gehen, da ist es einfacher die Tiere zu Gesicht zu bekommen. Aber womöglich rennt er da ja auch nur durch und ist am Ende genau so schlau wie zuvor.

Den Abend verbringe ich im Visitor Center des PHPA, wo man sich in einer Ausstellung über den Park, und die vorhandene Fauna und Flora informieren kann. Des Weiteren werden um 20:00 Uhr am Montag, Mittwoch und Freitag zwei Filme über die Aufgaben des Rehabilitations- Centers und natürlich über Orang-Utans vorgeführt. Zum Schluss wird noch um eine Spende gebeten, denn das Informationscenter erhält von keiner offiziellen Stelle finanzielle Unterstützung und ist daher völlig auf die die Spenden der Besucher angewiesen, und dem Erlös vom den verkauften T-Shirts, Postkarten, Sticker... Ich gebe eine großzügige Spende, da dieses Geld unter anderem auch in die Aufklärung von Schülern dient, welche in der Zukunft das Schicksal von Tausenden von Tieren und Pflanzen in der Hand haben. Der Ranger klärt mich noch über die Möglichkeit auf, im Sanctuary als Volontär zu arbeiten, und woher sie ihr Geld bekommen, wie viel hier Arbeiten (20) und entschließe mich, morgen noch einmal zu kommen, damit die Jungs, die hier teilweise auch ehrenamtlich ihren Dienst verrichten, jetzt auch nach Hause gehen können.

Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass diese Leute hier keine leichte Aufgabe haben, und gegen viele mächtige Personen ankämpfen müssen aber es sollte uns die Mühe wert sein, damit auch für folgende Generationen noch ein kleiner Rest von ursprünglicher Natur bestehen bleibt. Es muss doch einen Weg geben, die Bedürfnisse des Menschen zufrieden zu stellen, ohne dabei die Umwelt zu zerstören.

Fauna

White Handed Gibbon    Sarudung

Thomas Leaf Monkey     Kedih

Long Tailed Macaque     Kera

Slow Loris                     Kukang

Flora

Cinnamon

fever

grinds leaf, drink broth

Lime

Citrus aurantifolio

anomio, fever, cough, diarrhoea, tubercolosis

drink juice of fruit

Alstonia scholaris

malaria, intestinal worms, diarrhoea

boil bark, drink broth

Cocumber tree

Arerrhou belimbi

high blood pressure

boil leaf, drink broth

Dokoo

Lansium domesticum

fever, malaria, dysentery

boil seeds and bark, drink broth

Colladium

Colocasis esculanta

snake bite

milk of leaf applied to bite

Interview with the Vampire

Blood Donor: So before I contribute to your survival, may I know who you really are.

Pacat             : I am not from Transylvania, but prefer the moist and high humidity of the rainforest, I belong to the Phylum Annelida clan and the earthworm is our rebellious cousin, anyway called me "pacat".

Blood Donor: So is this going to be very painful?

Pacat             : Hey! Although I look like a piece of no nothing, I extend my courtesy by injecting anaesthetic before I suck your BLOOD!

           Unlike Mr. Vampire!

Blood Donor: I am kind of an anaemic, do have mercy.

Pacat             : Don't worry, I absorb more than my own weight but this will lasts me six months.

Blood Donor: Now that you have your fill, does crucifix and six inch nail have any effect on you.

Pacat      : Nope, try wearing long trousers, better still use the leech sock available from Borneo Rainforest Lodge I do hate it when my mouth touches the disgusting taste of insect repellent!

Eine weitere Nacht in der Wildnis ist vorbei, in der ich bedeutend besser geschlafen habe als in der vorherigen was wohl auch daran liegen mag, dass der Tag anstrengend und lang war. Ich frage mich was wäre wenn es den ganzen Tag hindurch regnen würde, und die ohnehin schon feuchten Klamotten und Schuhe nur noch nass wären, die ganze Zeit im Zelt verbringen müssten, und ich nicht wie jetzt am Ufer des tosenden Flusses sitzen könnte, um die frischen Farben des Urwaldes zu genießen, dessen Baumkronen in einen Dunstschleier gehüllt sind.

Hörnchen (Squirrels) hüpfen vergnügt in den kleinen Bäumen neben mir herum, während Udin und Acung noch schlafen. Acung hat mir gestern Nacht ein Furunkel an seinem Hintern gezeigt, das bereits offen ist und ihm einige Schmerzen bereitet. Vielleicht hilft ihm die Salbe etwas, die ich ihm gab, und er ist schneller wieder fit. Denn wenn er keine Tour machen kann, gibt es auch kein Geld.

Über den Ablauf des heutigen Tages hat es gestern Abend noch einige Unstimmigkeiten und Diskussionen gegeben. Edi, bei dem ich die Tour arrangierte, der aber aus familiären Gründen keine Zeit hatte, sagte mir, dass wir am dritten Tag mittels Tube rafting auf dem Bohorok River zurück nach Bukit Lawang kommen. Acung wusste von dem aber nichts, und ist davon ausgegangen, dass wir zu Fuß zurück gehen, was aber infolge des derzeitigen Wasserstandes auch einige Probleme mit sich bringt, da wir auf dem Weg sieben mal den Fluss überqueren müssen. Udin könnte in der Nacht nach Bukit Lawang laufen und Tubes holen, aber in Anbetracht der starken Strömung und in Sorge um die Fotoausrüstung, würde ich einen Fußmarsch vorziehen. Für den Hintern von Acung wäre ein Ritt mit dem Schlauchboot sicherlich angenehmer, aber ich habe auch etwas Mitleid Udin gegenüber, und Christian würde ebenfalls lieber per Pedes zurück. Also durfte Udin, nachdem er wieder einmal ein köstliches Abendmahl zubereitete, ruhigen Gewissens ins Zelt liegen.

Mein T-Shirt ist bereits nach wenigen hundert Meter so nass geschwitzt, als würde es frisch aus der Waschmaschine kommen. Anscheinend ist Acung oder auch Udin über Nacht noch ein anderer Weg eingefallen, denn nachdem wir zwei Stunden Berge rauf und runter geklettert sind, kommen wir zu einem Wasserfall der in den Bohorok mündet. Am liebsten würde ich hier einige Stunden verbringen, den die Luft ist hier so angenehm frisch, und es tummeln sich hier jede Menge Schmetterlinge, Libellen und Frösche, doch Acung meint, dass wir hier durch den Fluss müssen. Zuerst dachte ich er Scherzt, und habe erst mal meine Kamera ausgepackt und von den im Sonnenlicht bunt schillernden Libellen Fotos geschossen. Während meiner Reise habe ich bestimmt schon 30 verschiedene Libellen gesehen, deren Farbspektrum von völlig Schwarz, das im Sonnenlicht den Eindruck von einem edlen Metall suggeriert, über Rot, Blau, Gelb, bis hin zu einer glasklaren Art, bei der die beiden Flügel- Paare und der schlanke Rumpf mit den beiden ?? Augen wie viele kleine Diamanten funkeln.

Erst als Acung Christian auffordert seine Kleidung auszuziehen, und alles in den Rucksack zu packen, vermute ich, dass es doch ernst gemeint war, und wir hier durch den breiten reißenden Strom gehen oder schwimmen oder was weiß ich. Ich suche nach einer seichten Stelle, wo man vielleicht zu Fuß gehen kann, aber alles was ich erkennen kann ist eine tosende weiße Gischt in der Mitte des Flusses. Es würde mir schwer fallen zu entscheiden, an welcher Stelle ich es wagen soll. Wenn das Wasser nicht tief genug ist, besteht die Gefahr gegen einen Felsen gedrückt zu werden, und so stark wie die Strömung in der Mitte ist kann man wohl auch kaum zu Fuß hindurch, ohne mitgerissen zu werden. Ich frage mich nur wie wir das Gepäck und meine Fotoausrüstung ans andere Ufer bringen sollen.

Zuerst schwimmt Acung hinüber und erreicht etwa hundert Meter weiter Flussabwärts die gegenüberliegende Seite. Währen Udin den Rucksack von Christin in seinen Korb packt, diesen auf seine Schulter stemmt und etwa 50 Meter am Ufer Flussabwärts watet, nutze ich die Zeit um die Fototasche in zwei Plastiktüten und dem Rucksack wenigsten einigermaßen vor dem Wasser zu schützen. Als ich nur noch Badehose und Schuhe am Leibtrage, und alles andere in den Rucksack gestopft hatte, steht Udin auch schon wieder neben mir und schnappt sich den Rucksack. Ich will ihm folgen, doch Acung ruft mir vom andren Ufer aus zu, dass ich warten soll bis Udin das Ufer erreicht hat. Mir wird angst und bange als ich Udin bis zur Brust in dem schäumenden Wasser sehe, und bei jedem Taumel von ihm sehe ich alles den Fluss hinunter treiben. Gedanken schwirren mir im Kopf herum, was wohl am besten zu tun wäre wenn... Soll ich mein Leben riskieren für eine Fotoausrüstung und einige tolle Bilde, oder hoffen, dass die Kamera einige Zeit dem Wasser stand hält und nicht gegen einen Felsen geschmettert wird. Zehn oder ich weiß nicht wie viel Minuten beobachte ich gespannt Udin, wie er mit seinem Stock den Grund vor ihm abtastet, und sich damit abstützt, wie er einige Meter Flussabwärts läuft, was aussieht als habe er die Kontrolle verloren. Dann folgen wieder einige Schritte in Richtung Ufer, wobei ihm das Wasser immer noch fast bis zum Hals steht. Es ist eine Spannung in mir, die ich vielleicht mit einem Glücksspiel vergleichen kann, und das viele kennen wenn zum Beispiel am Samstag die Lottozahlen gezogen werden, und mit jeder richtigen Zahl die Anspannung steigt, bis die Letzte Kugel gefallen ist, und ein Sturm von Glück aus einem entströmt. So auch bei mir, als Udin das rettende Ufer erreicht, und ich ihm zu juble, und schreie vor Freud. Das wäre also schon mal gut abgegangen. Jetzt muss nur noch ich heil zur anderen Seite kommen. Ich gehe so weit wie möglich den Fluss im seichten Wasser des Ufers hinauf und dann zur Mitte, bis ich mich wegen der Strömung kaum noch auf den Beinen halten kann und mir das Wasser bereits bis zur Brust reicht. Obwohl mir klar war, dass die Strömung hier stark ist, habe ich sie dennoch unterschätzt, und ich habe mühe meinen Kopf über Wasser zu halten. Als ich mit den Füßen endlich Boden unter mir fühlen kann, und versuche dort Stand zu finden, gleiten meine Schuhe einfach über die Steine hinweg. Ich will mich dagegen stemmen - jedoch ohne Erfolg. Erst als Udin, der sich am Ufer postiert hat, meine Hand ergreifen kann, schaffe ich es auch stehen zu bleiben, und die letzten Meter bis zum Ufer zu gelangen. Ich habe keine Ahnung wie die Jungs für den Fall eines Unglücks abgesichert sind, aber ich habe den Eindruck, dass wir uns hier schon sehr oft auf sehr gefährlichen Wegen bewegt haben, und für unsichere Personen könnte so was sehr schnell schlimme Folgen haben. Ich habe jedenfalls wieder einmal in diesem "Urlaub" einen Gedanken an Gott gewendet, und mich bei ihm für die Schutzengel bedankt.

Eigentlich sind wir viel zu früh zurück im Losmen, und ich hätte die Zeit lieber im Dschungel verbracht, auch wenn mir so noch Gelegenheit bleibt, einige Dinge zu erledigen, damit ich morgen meinen letzten Tag am Bohorok unbeschwert genießen kann. Ich schreibe meine letzte Karte, lasse meinen Flug bestätigen, und kaufe noch Bücher von der Fauna in Indonesien und eine Landkarte von Sumatra. Zuvor sind wir noch im Restaurant des Losmens zusammen gesessen, wo ich Udin unauffällig (so dass es Acung nicht bemerkt) 20.000 RP zugesteckt, mit dem ich mich nicht nur dafür bedanken will, dass er die Kamera heil und trocken über den Fluss gebracht hat, sondern auch für seine Kochkünste, die Informationen über Pflanzen, und seine Eigenschaft als Träger. Außerdem finde ich die Entlohnung seiner Leistungen im Vergleich zu denen der Guides auch nicht angemessen. eil sie sich ähnlich wie die Arbeiter auf den Feldern und in den Fabriken für einen Hungerlohn abschuften. Christian hält es nicht für nötig, die Leistungen von Udin zu würdigen und beklagt sich dafür darüber, dass wir fast keine Tiere zu Gesicht bekommen haben. Ich habe wirklich Hunderte von Tieren gesehen, oder zumindest ihre Stimmen vernommen, und ich denke Christian gehört zu dem Typ Mensch, der von Anfang an mit der Erwartung an so einer Tour teilnimmt, dass ihm jeden Tag ein Tiger über den Weg läuft und eine Horde Elefanten. Solche Leute sollten meiner Meinung nach lieber in den Zoo gehen, da ist es einfacher die Tiere zu Gesicht zu bekommen. Aber womöglich rennt er da ja auch nur durch und ist am Ende genau so schlau wie zuvor.

Den Abend verbringe ich im Visitor Center des PHPA, wo man sich in einer Ausstellung über den Park, und die vorhandene Fauna und Flora informieren kann. Des Weiteren werden um 20:00 Uhr am Montag, Mittwoch und Freitag zwei Filme über die Aufgaben des Rehabilitations- Centers und natürlich über Orang-Utans vorgeführt. Zum Schluss wird noch um eine Spende gebeten, denn das Informationscenter erhält von keiner offiziellen Stelle finanzielle Unterstützung und ist daher völlig auf die Spenden der Besucher angewiesen, und dem Erlös vom den verkauften T-Shirts, Postkarten, Sticker... Ich gebe eine großzügige Spende, da dieses Geld unter anderem auch in die Aufklärung von Schülern dient, welche in der Zukunft das Schicksal von Tausenden von Tieren und Pflanzen in der Hand haben. Der Ranger klärt mich noch über die Möglichkeit auf, im Sanctuary als Volontär zu arbeiten, und woher sie ihr Geld bekommen, wie viel hier Arbeiten (20) und entschließe mich, morgen noch einmal zu kommen, damit die Jungs, die hier teilweise auch ehrenamtlich ihren Dienst verrichten, jetzt auch nach Hause gehen können.

Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass diese Leute hier keine leichte Aufgabe haben, und gegen viele mächtige Personen ankämpfen müssen aber es sollte uns die Mühe wert sein, damit auch für folgende Generationen noch ein kleiner Rest von ursprünglicher Natur bestehen bleibt. Es muss doch einen Weg geben, die Bedürfnisse des Menschen zufrieden zu stellen, ohne dabei die Umwelt zu zerstören.